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Einwurf 284: Die Lockdown-Entschleunigung


Für die Wutbürger und die Langweiler sind die aktuellen Coronaregime-Lockerungen eine erste Mini-Erlösung von dem ganz grossen Bösen. Auf uns wirken sie mit ihren vielen Auflagen aber nicht besonders sexy. Also bleiben wir weiterhin unserer «Quarantäne» treu.

Man muss deren Qualitäten möglichst voll und lange auskosten. Das Leben herunterzufahren tut enorm gut. Endlich kann man seine zahllosen und in hohem Takt aufgestauten Eindrücke aus aller Welt dezent zu Ende verdauen, ohne Terminhektik gemütlich Büro-, Haus- und Gartenpendenzen abtragen, mit den Gedanken ins Reine kommen, physische Ressourcen schonen.

Auch die für die nächste Zukunft geplanten Reisen bleiben auf Eis gelegt. In der Primarschule haben wir einander jeweils gescheite Sprüche in ein Freundschaftsalbum gekritzelt. Ein Dauerbrenner war dieses Gedicht von Goethe:

Willst du immer weiter schweifen?

Sieh, das Gute liegt so nah.

Lerne nur das Glück ergreifen,

Denn das Glück ist immer da.

Klar, wer wie Goethe bis dahin ständig unterwegs gewesen ist, hat gut reden. Es ist aber auch nicht verboten, andere darauf aufmerksam zu machen, dass sie gar nichts verpassen, wenn sie zu Hause bleiben.

6 Monate lang schaffen wir die «Quarantäne» problemlos. Dann sind wir auch wieder topfit für ein «richtig neues Leben», 2 Monate lang quer durch Afrika oder so. Andernfalls schalten wir halt für weitere 6 Monate «Lockdown-Programme» auf. Irgendetwas kommt uns immer in den Sinn. So hatte ich mal eine Doktorarbeit angefangen und nie fertig geschrieben, und wenn man sich dann jeden Tag noch je einen Kino-, Theater- und Opernklassiker auftischt, verdaut man ja selbst mit (oder eben auch wegen) intensivem Pausensport bereits wieder ziemlich schlecht.

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