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Einwurf 80: Wahlen ohne Parteien


«Gegen Wahlen» heisst ein Buch von David van Reybrouck. Darin schlägt er vor, die Besetzung politischer Ämter nach dem Zufallsprinzip auszulosen, weil das viel repräsentativere und dadurch auch erfolgreichere handwerkliche Outputs erzeuge als das handelsübliche, viel heisse Luft und wenig Substanz produzierende Parteientheater.

Realpolitisch ist der Vorschlag ziemlich schräg, die Parteien würden so etwas in der Praxis nie zulassen und den Medien ginge das Hundefutter aus, aber aus unbelasteter Sicht hat er einiges für sich. Wer das gegenwärtige Wahlverhalten weltweit beobachtet, merkt schnell, dass die Leute von den herkömmlichen, immer penetranter in Patriotismus und Nationalismus abdriftenden Parteien langsam aber sicher die Nase voll haben und entweder gar nicht mehr wählen oder dann direkt das «Original», nämlich den reaktionären Schrott. Die Frage ist dann, wie die alten Wahlverlierer mit den neuen Wahlsiegern umgehen wollen. In den USA war die Frage schnell beantwortet, und auch in Österreich und in Italien haben sie sich schliesslich für den «Pakt mit dem Teufel» entschieden. Wichtig ist, was in Deutschland passiert. Wenn die AfD in die «Verantwortung» kommt, dann gute Nacht. Wir sind zwar konsequent gegen Ausgrenzungen, beim reaktionären Schrott aber steinhart dafür. Für den gibt es kein «Verständnis», auch für die so genannten «Ängste» jener Leute nicht, welche diesen Schrott wählen. Wir sind doch nicht blöd.

Was aber, wenn es immer weniger stabile «Vernunftkoalitionen» gibt? Dafür haben wir die französische Lösung einer überparteilichen, international aufgestellten Bewegung («mehr Europahymne, weniger Marseillaise»). Die müsste jedes Land anstreben. In gewisser Weise hat Macron van Reybrouck bereits angewendet und parteifreies Personal in Schlüsselpositionen befördert. Seine Beliebtheit ist jetzt zwar im Keller, aber das ist ja wohl kein Wunder. Das entsorgte Parteienvolk hasst ihn, ein Jesus Christus für alle anderen kann er schliesslich auch nicht sein, und die Gegenpropaganda wütet aus allen Rohren: Murdoch und Co. inszenieren sie, Zuckerberg und Co. helfen mit. Da muss man dann halt standhaft bleiben und unbeirrt weiterfahren. Denn die bescheuerten Links-Rechts-Ideologen sollen endlich aufhören, aus ihren spiessigen, hoffnungslos schrumpfenden und anonymen Grossinquisitoren ausgelieferten Schrebergärten heraus die Bevölkerung zu spalten. So wie jetzt gerade wieder in den USA, und das bloss wegen einer Richterwahl.

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