Einwurf 140: Strategische Studien
Das Internationale Institut für Strategische Studien (IISS) behauptet immer wieder, ohne die USA wäre Europa militärisch verloren. Dabei stellt sich natürlich sofort die Frage, von welchen Kriegen und Konflikten die überhaupt reden. Wenn sie an Pferde, Kanonen oder Panzer denken, kann man sie ja von vornherein gar nicht mehr ernst nehmen. Wir sind im Atomzeitalter, und die Franzosen haben die Atombombe. Für den totalsten aller Kriege reicht das längstens. Nur ist dann halt die ganze Welt kaputt, und das wollen selbst die schwachsinnigsten Diktatoren, Tycoons und Oligarchen nicht - das «Nichts» ist definitiv kein imperialistisches Ziel.
Deren «Zwischenlösung» wären allenfalls noch Flächenbombardements im Stil von Vietnam und Irak, oder gezielte Zerstörungen à la Israel. Auch die nützen zwar einem «Eroberer» auf die Dauer rein gar nichts, doch weil der weiterhin so doof sein kann und so etwas trotzdem macht, liegt ein seriöser Abwehrfokus, wenn schon, dann hier, also im Luftraum. «Space Competence» haben die Franzosen aber auch. Der «Rest» ist Cyberwar, Untergrund, gezielte Anschläge, ziviler Ungehorsam und moralische Aufrüstung. Dafür braucht Europa jedoch weder die USA noch Billionenbudgets, sondern «bloss» ein Mindestmass an Strategiekonsens. («Wer macht da was, wie, wo und wann»?)
Auch der «ultraprimitive» Vietcong hat gesiegt, und passiver Widerstand ist wirtschaftlich, politisch und kulturell schon immer mehr wert gewesen als alle Waffen der Welt. Deutschland, Frankreich, ganz Europa durch Arbeitsverweigerung lahmgelegt: Dagegen haben weder die Amerikaner und die von ihnen abhängigen Juden und Araber, noch die Russen oder die Chinesen auch nur den Hauch einer Chance. Abgesehen davon sind die USA ohnehin ein unzuverlässiger Partner. Sie zeuseln auf der ganzen Welt, doch das von Herrn Bolton und Co. herbeigewünschte Mehrfrontenmassaker würde garantiert ebenso kläglich und verlustreich scheitern wie alles das, was uns von Napoleon und von Hitler vorgemacht worden ist. Ausserdem ist ein Partner keinen Cent wert, der systematisch auf ein so zivilisiertes Volk wie die Iraner herabhackt und sich gleichzeitig mit saudischen Wüstenschweinen, israelischen Apartheidrassisten und grössenwahnsinnigen Diktatoren (wie dem damaligen Schah von Persien) verbündet. Dafür gibt es keine Ausreden, keine einzige, null Komma null.
Das IISS kann man getrost ignorieren. Dessen «Expertisen» beliefern bloss die angelsächsische Waffenhölle und in deren Schlepptau natürlich auch alle anderen. Es ist in London domiziliert und hat Niederlassungen in Washington, Singapur und Bahrain. Im «richtigen» Europa, in China, in Russland, in Japan und im «globalen Süden» hat es keine.