Einwurf 263: Home and Away
Das Coronavirus hat uns eingesperrt, dabei gehört die Bewegungsfreiheit zu den wichtigsten Grundrechten überhaupt. So etwas hat man nicht gern, zumal die reale Welt nach wie vor viel, viel, viel besser ist als die virtuelle. Seit Steve Jobs und Mark Zuckerberg hat der «Mainstream» das zwar nicht mehr so recht geglaubt, aber inzwischen ist auch der wieder auf den «natürlichen» Geschmack gekommen, zumindest ein namhafter Teil von ihm.
Das Home Office entlastet zwar die Verkehrsnetze und die Umwelt, aber der unverbindliche und nicht unwesentliche Small Talk fehlt, und eine reale Sitzung ist einer Videokonferenz ganz einfach haushoch überlegen. Vor allem dann, wenn es um «harte Sachen» geht, ist es wichtig, dass die Gespräche ohne technische Hürden fliessen und dass man das «Atmosphärische» adäquat wahrnimmt, inkl. Ganzkörperhaltungen und -bewegungen. (Wenn nicht, ist die Sitzung eh überflüssig.)
Auch das Home Schooling hat zahlreiche Vorteile. Wo normalerweise die Hälfte der Lernzeit mit disziplinarischen Massregelungen vergeudet wird, können sich aufgeweckte Jugendliche da voll auf ihren Stoff konzentrieren, und die anderen sind wenigstens vor dem «Schicksal» geschützt, auf Teufel komm raus der grösste Blechschnorrer und Seichmacher sein zu müssen. Sozial- und Kommunikationskompetenz oder Teamfähigkeit hat man sich mit dem Home Schooling aber noch nicht angeeignet.
Im Vergleich zu Home Holidays ist Home Schooling zwar noch harmlos. Klar kann man auch ferne Länder und Völker «herunterladen», und das erst noch ohne Dauerbelästigung durch Taxichauffeure und Souvenirhändler. Doch die Sixtinische Kapelle, den karibischen Palmenstrand und das Dorffest in Malawi hätte man schon lieber echt. Der Tourismus muss aber markant sozial-, kultur- und umweltfreundlicher werden. In den letzten Jahren war er einfach viel zu billig. Ich muss nicht überall gewesen sein - das geht ja eh nicht, selbst wenn ich das unbedingt wollte. «Reisen bildet» schliesslich nur diejenigen, welche in der Ferne mehr unternehmen als auf dem faulen Ranzen herumzuliegen, und das kann man auch zu Hause auf dem Balkon.
Wenn wir die Coronakrise gut bewältigen, sollten wir eigentlich eine durchaus erfreuliche neue Home-Away-Balance hinkriegen. Dazu braucht es aber die richtige innere Einstellung. (Davon dann mehr in einem nächsten Einwurf.)