Einwurf 436: Armageddon?
Vor drei Jahren hat sich der ausgewiesene Nahost-Kenner Michael Lüders gefragt, ob im Orient bald das Armageddon stattfinden werde und hat die riesige Sauerei unter die Lupe genommen, welche dort seit vielen Jahren von den USA, Grossbritannien, Israel, Saudi-Arabien und den VAE veranstaltet wird. Deren Hauptziele sind und bleiben ja die Errichtung eines zionistischen Imperiums und die dauerhafte Sicherstellung von ungehinderten Öl- und Waffenlieferungen, Bau- und Immobiliengeschäften. Die Drahtzieher der Sauerei sind korrupte amerikanische Multimilliardäre und ihre Lobbyisten, ohne die in den USA niemand Präsident werden kann, und mit Übermass an krimineller Energie ausgerüstete Front-Caudillos wie die auf den ersten Blick ach so netten und gebildeten Herren Benjamin Netanyahu und Mohammed Bin Salman.
Mit Donald Trump, Jared Kushner und Boris Johnson (bevor der die Frau wechselte) hatten es die Drahtzieher leicht. Wie für die Caudillos war auch für diese Herren der Staat eine Art Clan-Privateigentum, das man ohne Rücksicht auf gesellschaftliche Bedürfnisse wie eine kommerzielle Firma bewirtschaftete. Für die Wahlen hatte man die Spenden der Tycoons. Um aber mit Israel und mit Saudi-Arabien im Geschäft zu bleiben, gehörte vor allem die Dämonisierung des Iran zum Businessplan. Die Propagandaschlacht war so inszeniert, dass der Iran auf allen Kanälen für sämtliche Übel fast der ganzen Welt verantwortlich gemacht wurde, selbst wenn nicht einmal die Geheimdienste dafür Hand boten (was etwas heissen will).* Zuweilen wurde die Verbreitung von Lügen mit veritablem Kriegsgeheul unterlegt. Die aggressivsten Initiativen kamen von der Israel-Lobby und ihren Thinktanks, freundlich unterstützt vom senilen Henry Kissinger, der Jared Kushner schon mal zu seinem «Nachfolger» salbte. (Was die Weltherrschaft an Dispositionen abverlangt, hat er ja von der NSDAP und von den Chicago Boys gelernt – man kann da aber auch Machiavelli, die KPdSU oder Mao Zedong noch als «Influencer» angeben.)
Eigene (operative) Truppen hat man im Laufe der Zeit durch Militärberater, Terroranschläge, gezielte Attentate, Bomben- und Drohnenangriffe ersetzt. Das Resultat war jedoch durchs Band miserabel: Die drei Hauptleistungen bestanden aus Tausenden von zivilen Opfern, der Anheizung des Terrorismus und der Zementierung von Diktaturen. Auch Netanyahu war nahe an so einer Diktatur und wurde im letzten Moment noch gestoppt, wenigstens vorläufig. Beinhart durchgeknebelt wird mittlerweile dafür vor allem die erste arabische Kulturnation, Ägypten. Neuestens scheint auch Tunesien wieder dran glauben zu müssen, und die Lage in Jordanien kann ebenfalls jederzeit kippen. Geradezu chaotische Verhältnisse herrschen jedoch in Jemen, in Libyen, in Palästina (inkl. Gaza), im Libanon, in Syrien und im Irak. In diesen Ländern wollte man «für Ordnung sorgen», aber als das aus verständlichen Gründen nicht gelang (wer lässt sich denn schon freiwillig von Israel oder von Saudi-Arabien beherrschen?), gab man nicht nur dem Iran die Schuld, sondern auch den Russen und den Chinesen. Dabei hat man ausnahmslos alle Konflikte selber verursacht. Besonders schizophren: Die meisten Waffen der bösesten Feinde (darunter Al-Qaida und der IS) stammten aus hauseigenen Konzernen; entweder hatte man diese Feinde aus irgendwelchen Gründen mal direkt damit beliefert, oder die Waffen sind ihnen im Laufe der Ereignisse von selbst in die Hände gefallen.
Die Sauereiveranstalter haben so nicht nur Hamas, Hisbollah und alle (weiteren) Sorten von Muslimbrüdern gestärkt, sondern natürlich auch das Regime im Iran («Selbsterfüllende Prophezeiung») und damit die Knebelung der zweiten grossen islamischen Kulturnation. Russland und China liessen sich nicht zweimal bitten und profitierten ihrerseits vom Schlamassel. («Wir sind doch nicht blöd».) Der Islamische Staat wiederum profitierte von innersaudischen Rivalitäten. (Bin Salman hat etwa 1000 Cousins oder Cousinen, die alle wie er selber Thronfolger sein könnten.) Katar nutzte die Sauerei, um seine eigene Diktatur zu festigen; der vorübergehende Boykott ist kläglich gescheitert. (Immerhin gewähren sie Al Jazeera ein erstaunliches Mass an Medienfreiheit.) Und die Türkei nutzte sie, um die Kurden in den Würgegriff zu nehmen.
Okay, man könnte sich ja zurücklehnen und sagen, die sollen doch ihr Armageddon durchziehen, wenn es denn ums Verrecken sein muss. Dann sind wir diese lästigen Zeitgenossen endlich los. Schade nur, dass es dabei meistens die Falschen trifft. Was Joe Biden und seine Leute jetzt machen, steht noch in den Sternen. Von Obama ist da aber auch nie viel Gescheites gekommen.
* Für diese Art von Manipulationsdreck im Interesse von skrupellosen Geldsäcken und rechtsextremen Vulgärideologen haben wir in der Schweiz die «Weltwoche».
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