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Einwurf 488: Yakin: Kein Fachkräftemangel

Aktualisiert: 9. Dez. 2021


Wir bevorzugen zwar rassismusfreie Stadtmannschaften aus der Champions League, aber so macht sogar ein Nationalteam Spass: Volle sieben Stammspieler sind abgemeldet, und es gewinnt trotzdem 4:0. Der Gegner war zwar weder Brasilien noch Frankreich oder Deutschland, sondern bloss Bulgarien. Aber das ist nicht der Punkt. Die Frage ist, was mit den anderen sieben passiert wäre. Die Antwort ist nicht schwer: Sicher nichts Besseres und sicher nicht 8:0. Denn auf dem Papier waren die Ersatzspieler ja höchstens halb so viel wert wie die «Titulaires».


Ausgerechnet der Sport hat gestern bestätigt, was wir in der Wirtschaft schon längst verorten: Von den Millionenabzockern braucht es keinen einzigen. Deren Jobs können problemlos von qualifizierten Arbeitskräften ausgeführt werden, welche mit 150'000 Franken Jahreslohn zufrieden sind. Die dadurch frei gewordenen Mittel wären Manna für jedes Unternehmen. (Tiefere Produktepreise, mehr Arbeitsplätze, zusätzliche Investitionen, höhere Dividenden usw.) Der Match ist auch eine Lektion für die Politik, wo es immer wieder heisst, man finde die geeigneten Nachfolger nicht. Aber das ist ja völlig logisch, wenn man rund um die Uhr die «Hat-sich-bewährt-Gebetsmühle» herunterrattern lässt und so den Nachwuchs systematisch vom hohen Ross herab misshandelt.


Auf «Stammesälteste» hören wir zwar nicht mehr. Auf 30-jährige KI-Milliardäre zu setzen, ist aber ebenso blöd. Der Königsweg ist ein Mix aus soliden Grunderfahrungen und anhaltend frischem Wind. Dass sich sowas ergibt, ist zentrale Führungsaufgabe. Dazu kommen ein guter kollektiver Teamgeist und eine sinnvolle Spezialisierung der einzelnen Teammitglieder (was sich gegenseitig bedingt). Nur mit solchen Inspirations- und Motivationsstrategien bringt man schliesslich auch den berühmten Fachkräftemangel weg (und nicht mit MINT-Sektierereien und anderem ideologisch-bürokratischem Quatsch). Yakin hat es vorgemacht, notgedrungen zwar, aber erfolgreich. Nun geht es darum, Nachhaltigkeit zu beweisen. Dumm ist nur, dass die nächste WM in Katar stattfindet, wo man eigentlich gar nicht auftreten sollte. Doch das ist eine andere Geschichte.


Normalerweise kann man aus dem Spitzensport nichts lernen. Er ist viel zu realitätsfern, unökologisch, chauvinistisch, sexistisch, diktatorisch, körperfeindlich, pharmazeutisch vergiftet und kommerziell verseucht, also auf der ganzen Linie ungesund. Aber die Show von gestern lassen wir da gerne als Ausnahme gelten.

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