Einwurf 581: Nachhaltige UNO-Reform
Aktualisiert: 28. Juli 2022
Wenn sie von einer UNO-Reform palavern, meinen sie meistens den Sicherheitsrat und das Vetorecht, das dort viel Unheil anrichtet. Auch dieses Palaver ist aber reine Steuergeldverschwendung. Entweder packt man das Thema geostrategisch an oder man lässt es bleiben.
Geostrategisch heisst primär einmal multipolar. Noch bevor der Eiserne Vorhang weggewischt wurde, fragten sich ausgewiesene Fachleute wie Lester Thurow, wer nun das «Kopf-an-Kopf»-Rennen des 21. Jahrhunderts gewinne. Thurow tippte (wegen dem «Plan Delors») auf Europa, und statt China war damals noch Japan unter den «Top Three»! Später meldeten sich namentlich Samuel Huntington mit sieben «Weltkulturkreisen», Fareed Zakaria mit dem «Aufstieg der Anderen» und Parag Khanna mit der «Asiatischen Zukunft».
Die «Power Balance» in der UNO muss also durch Blöcke sichergestellt werden, welche solche Trends reflektieren. In unseren Publikationen haben wir seit Jahren eine G11-Weltordnung vertreten und halten auch heute noch daran fest. In der «Weltregierung» hätte demnach jeder G11-Block eine Stimme (bzw. einen Minister oder eine Ministerin). Die 11 Blöcke würden als autonome Wertegemeinschaften definiert, welche in friedlicher Koexistenz zusammenwirken, ohne die anderen besserwisserisch steuern oder gar beherrschen zu wollen. Ihre Verfassungen würden im Sinn der bestehenden UNO-Pakte einerseits die universalen Grundrechte garantieren, andererseits aber nach Wertehierarchien funktionieren, die ihren Mitgliedern entsprechen (und nicht einfach denjenigen der Amerikaner oder der Chinesen).
Grundlegend ist hier das so genannte Subsidiaritätsprinzip, welches die Arbeitsteilung regelt, primär vertikal, aber auch horizontal: Wer ist wofür zuständig (UNO, 11er-Blöcke, Nationen, Regionen, Gemeinden/Quartiere)? Die einen regeln diese Frage lieber top-down (zentralistisch), die anderen lieber bottom-up (föderalistisch). Dasselbe gilt für die Gewaltentrennung. Die ist aus demokratischer Sicht zwar absolut unerlässlich, aber auch hier darf es keinen «Systemzwang» geben, der nicht zu den Wertegemeinschaften passt («Westminster» zum Beispiel).
Unsere G11-Blöcke sind unterschiedlich konstituiert. Sechs von ihnen werden durch eine einzelne Nation dominiert (USA, China, Japan, Indien, Russland, Australien) und in den übrigen fünf besetzen gewisse Nationen zumindest starke Schlüsselstellungen (Südafrika-Nigeria, Saudiarabien-Ägypten, Deutschland-Frankreich, Brasilien, Indonesien). Ideal wäre natürlich, wenn jeder Flecken auf der Erde in so einem Block unterkommen könnte. Für gewisse «Bruchlinienstaaten» wie Korea (egal ob Nord, Süd oder vereint), Pakistan, Iran, Türkei, Ukraine, Grossbritannien oder Mexiko dürfte das aber schwierig sein; dasselbe gilt für Sonderlinge wie Taiwan, Israel oder die Schweiz. Die könnten sich zwar mit Neutralität, Neutralismus, Blockfreiheit oder was auch immer aus dem System nehmen, hätten dann aber definitiv keine automatischen Mitspracherechte in der Welt- und den G11-Regierungen.
Diese G11-Weltordnung setzt auf gegenseitigen Respekt. Wenn der fehlt, ist auch die Weltordnung nichts wert. Klar sagt ein Europäer, so eine Diktatur wie in Nordkorea sei nichts für ihn. Aber nachhaltige Veränderungen und Lösungen kommen immer von innen und nie von aussen. Das ist ein «historisches Gesetz», und das spürt sogar jeder Bünzli, der eine solide Lebenspartnerschaft eingehen möchte.
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