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Einwurf 139: Imagekiller (Personen und Strukturen)


Am 1. August ist Selbstbeweihräucherung angesagt. Redner, die dagegen verstossen, können bloss noch wählen, ob sie in Zukunft lieber als Nestbeschmutzer oder als Brunnenvergifter angesprochen werden wollen. Ein «Europäer» geht am 1. August am besten gleich ins Ausland, vor allem wenn er noch einen Hund hat (Feuerwerk).

Vorher und nachher ist es aber immer ein bisschen anders; wir kennen das vom sonntäglichen Gottesdienst. Dann sieht man nämlich unvernebelt, wer die wahren Imagekiller sind. Zum Beispiel die, welche das (weitgehend überflüssige und nutzlose) Event-Sponsoring des Staates koordinieren (oder auch nicht) und dafür Zigarettenhersteller und Waffenhändler einspannen. Oder ein Aussenminister, der entweder keine Ahnung hat davon oder nicht weiss, wie er damit umgehen soll. Etwa so wie mit dem UNO-Hilfswerk für die palästinensischen Flüchtlinge: Zuerst kritisiert er es im Schlepptau von Trump und Netanyahu als Kriegsverewigungsinstrument, aber kaum beschweren sich dessen Mitarbeiter/innen über Führungsmängel des obersten Kaders, heisst es, seine Schulen seien ausgezeichnet. Oder mit der EU: Da ist jahrelang mühsam ein «Rahmenabkommen» ausgehandelt worden, aber kaum ist es unterzeichnet, wirft man es den Wölfen zum Frass vor. Dieser Aussenminister ist der aktuellen Lage nicht gewachsen. Sein Verhalten hat auch nichts mit Kompromisskultur zu tun, sondern ist pures Chaosmanagement. Gut, da sind noch die Regierungskollegen, aber wo sind Rückgrat und eigene Meinung?

Noch ein Beispiel gefällig? Aber ja: Die Pilatus-Flugzeuge. Immerhin haben sie hier zur Abwechslung mal auf die Imagepflege geschaut. Doch als der an sich nicht sonderlich überraschende Gegendruck losging, hat man sofort auf Schweigemodus geschaltet. Gesetze und Gerichte hin oder her: Hier ist eine beinharte Führungshaltung geradezu zwingend. Die Pilatus-Flugzeugwerke sind seit Jahrzehnten ein Riesenproblem; sie gehören zweifellos und völlig begründet zu den grössten Imagekillern des Landes. Alle wissen das, und trotzdem hat niemand den Mut, diesen Kollaborateuren von saudi-arabischen und anderen Kriegsgurgeln den Motor abzustellen. Die Arbeitsplätze, die sie offerieren, sind Naziarbeitsplätze (und ausserhalb der Zentralschweiz kaum mehr denkbar.) Ihr oberster Chef hat mit der Abwanderung ins Ausland gedroht. Sehr gut, das war die beste Idee, die er je hatte.

Eine «wirtschaftsferne» Politik ist natürlich ein Unsinn, und wenn sich ein Bundesrat auf seinen Reisen mit Konzernbossen umgibt, kann das durchaus im Interesse des Landes sein. Aber die Wirtschaft darf die politische Agenda nicht verordnen. Darüber hinaus gehören auch Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Kultur in solche Bundesratsdelegationen, absolut gleichrangig und offiziell dazu legitimiert, harte, «imagefördernde» Ansprüche an den Umweltschutz und die Menschenrechte anzumelden.

Wenn der Aussenminister schleudert, könnte ja der Präsident ein wenig für Ordnung sorgen. Aber in diesem Amt haben wir jetzt gerade wieder eine Kasperlifigur. Grundsätzlich sind freilich weder das Präsidium noch das Aussenministerium das Problem des Schleuderkurses und des Imageverlusts. Das Präsidium ist sogar die Lösung, aber es muss konstitutionell gestärkt werden, intellektuell einigermassen alphabetisiert sein und bei den Aussenbeziehungen, wenn nötig, das letzte Wort haben. Das Aussenministerium dagegen schafft man am besten gleich völlig ab. Aussenpolitik wird eh immer mehr zur Innenpolitik und Landesgrenzen existieren bald nur noch in den Köpfen eingefleischter Nationalisten, Mauernbauer und Stacheldrahtfabrikanten. In der EU wird diese Innen-Aussenpolitik schon längst durch die Fachministerräte gemacht und die «Globalisierung» bringt auch keiner mehr weg, Imagekiller (Blocher, Strache, Orban….) hin oder her.

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