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Einwurf 218: Unternehmerische Freiheit und moralische Verpflichtung


Wenn an kommerzielle Firmen ethische Forderungen gestellt werden, reagieren sie immer gleich: Gesetzliche Vorschriften werden kategorisch abgelehnt, aber auf freiwilliger Basis, sagen sie, würden sie schon längst an der besten aller Welten arbeiten. Klar meinen sie damit auch weiterhin zu mindestens 95% Gewinnmaximierung und Shareholder Value (also die Hayek-Friedman-Ideologie), auch wenn sie das jetzt wohlweislich nicht mehr so schnell und offen zugeben.

Theoretisch ist das «Trickle-down» zwar grossartig, denn wozu brauchen wir überhaupt einen Staat, der nichts als eine schmarotzende Mittelsmann-Funktion ausübt? Die Wirklichkeit sieht aber anders aus; das weiss und/oder spürt jeder Idiot. Wenn die Freiwilligkeit wirklich funktionieren würde, wären wir schon längst im Garten Eden. Das Gegenteil ist der Fall. Die Freiwilligkeit hat uns eine Weltsauerei nach der anderen beschert, vor allem die angelsächsische. Deren Rivalen haben sie dann einfach mehr oder weniger schweinisch nachgeäfft: Freiwilligkeit gleich Freiwilderei.

Sogar der «natürlich intelligente» Amazon-Bezos scheint das mittlerweile realisiert zu haben. Aber statt jetzt den reumütigen Philanthropen zu spielen, hätte er zuvor besser darauf verzichtet, ein ausbeuterisches, umweltvernichtendes System auf die Spitze zu treiben. (Müssen wir denn unbedingt innerhalb von zwei Tagen den ganzen Plunder der ganzen Welt praktisch gratis vor unserer Haustüre haben? Sicher nicht, ausser wir sind geisteskrank und finden das sogar noch geil.)

Dass Kontrolle besser sein soll als Vertrauen, passt uns eigentlich nicht. Deshalb mögen uns die kommerziellen Firmen jetzt doch Branche für Branche ihre «Codes of Conduct» präsentieren, die sie freiwillig einhalten wollen. Dann kann man die nämlich problemlos auch zur rechtlichen Verbindlichkeit hochschalten. Vielleicht sind sie dann da und dort noch etwas minimalistisch, aber auch ein holpriger Start ist besser als gar nichts. Diese «Aufbaumethode» müsste aber rechtsstaatlich einwandfrei funktionieren, also nicht über käufliche und korrupte Parteien und Parlamente, sondern über von Tycoons und von deren «Vollstreckern» total unabhängige, meinungsäusserungsfreie, fachlich qualifizierte und charakterlich integre Persönlichkeiten aus Akademien, NGOs, Medien, Aufsichts- und Justizbehörden. «Demokratisch legitimiert» sind nicht faule Kompromisse und ideologischer Schrott, sondern einzig und allein intelligente, nachhaltige, zweckdienliche, transparente, kontrollierbare, justiziable und moralisch verantwortbare Lösungen.

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