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Einwurf 269: Nothilfe, Marshallplan und Opfersymmetrie

Aktualisiert: 7. Juli 2022


Das Coronakrisenmanagement ist nicht einfach. Wie bei den Startaufstellungen und den Auswechslungen weiss es jeder besser, und die Lobbyisten geben auch keine Ruhe. Die Gastronomie tut blöd, im Tourismus liegen die Nerven blank, die Tschütteler spielen mit Geistern und die Kulturveranstalter haben keine Ahnung, wie lange sie sich noch mit Online-Ersatzhandlungen amüsieren sollen. Die Krisenmanager können mit ihnen zwar Ausstiegsetappenpläne und Entscheidungstermine aushecken, müssen sich aber davor hüten, überstürzte Freigaben zu beschliessen. Theoretisch ist Gleichbehandlung zwar zwingend, praktisch aber unmöglich.

Bei Ueli Maurers Nothilfeprogramm ist das nicht so wichtig, Hauptsache, Liquidität und Kaufkraft sind (einigermassen) gesichert. Alles andere gehört in das Wiederaufbauprogramm, oder in einen «Marshallplan», wie es diesmal nun richtig heisst. (Statt die Rote Armee ist jetzt einfach die Neue Seidenstrasse der Feind.) Die Feuerwehr kann keine komplizierten Nachhaltigkeitsassessments durchführen. In Zweifelsfällen muss für die Gesuchsteller entschieden werden; (Löschwasser-)Kollateralschäden sind in Kauf zu nehmen. Man kann es aber auch positiv formulieren: Dank der Krise haben nun alle «Schweine» eine günstige Gelegenheit, in sich zu gehen und sich auf Besserung einzuschwören. Besonders stossend sind ja Kurzarbeitsentschädigungen für Angestellte von Firmen mit Bonuszockern und Aktienmillionären. Oder die Nutzniesser schaden der Gesundheit, machen die Umwelt kaputt und beliefern Kriegsgurgeln. (Schon eher wieder amüsant sind dagegen jene Kunden, welche jahrelang grossmaulig mit ihrem unternehmerischen Risiko geprahlt haben und jetzt plötzlich so jammern, als würden sie elendiglich verhungern. Eigenverantwortung tönt anders.)

Wenn der «Marshallplan» kommt, kommt auch die Stunde der Wahrheit. Dann muss man sich wirklich fragen, was wertvoll und kreditwürdig ist und was nicht: Rentiert das Zeug überhaupt? Ist es sozial und ökologisch seriös? Macht es überhaupt Sinn? Und dazu das: Ist es krisenfest oder verursacht es vielmehr den nächsten GAU? Auch ein Virus oder ein anderer Teufel fallen nicht «einfach so» vom Himmel und vor allem verbreiten sie sich nicht «einfach so». Nach der Finanzkrise hat man den Banken solide Polster vorgeschrieben. Nun müsste man bei allen Firmen dafür sorgen, dass sie die Gesellschaft nicht vergiften und auch nicht beim ersten Gewitter gleich zusammenkrachen und zum Staat rennen.

Zur Finanzierung noch: Ob Ueliprogramm oder «Marshallplan», hier wie dort ist «Opfersymmetrie» angesagt. Beim Staat müssen die Subventionsempfänger, das Kader und die vermögenden Steuerzahler zur Kasse, in der Privatwirtschaft die Kunden, das Management und die Grossaktionäre. Wichtig ist, dass man wie etwa bei AHV-Ergänzungsleistungen und Hypotheken auf der Rückzahlungspflicht beharrt. Zudem muss jeder Missbrauch spürbar bestraft werden. Auch die grundsätzlich vorbildliche Schuldenbremse darf man nicht fahrlässig preisgeben. Schliesslich sollen künftige Amnestien zwar nicht ausgeschlossen, sicher aber nicht schon von Anfang an angekündigt werden.

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