Einwurf 570: Alpenwald, Urwald und Ozean
Aktualisiert: 18. Juni 2022
Es gibt verschiedene Naturschutzprojekte, für die man sich als Freiwilliger melden kann, und dort erhält man dann eine mehr oder weniger anstrengende Arbeit zugeteilt. Ich habe soeben auch mal sowas auf mich genommen und versuche nun diese Erfahrung a posteriori «aristotelisch» einzuordnen.
Es ging darum, in einem abgelegenen, über die letzten Jahrzehnte hinaus zusehends dünner besiedelten Alpental ein Waldstück zu pflegen, indem man eine Wasserleitung für einen Schafhirten grub, einen Wanderweg quasi rollstuhlgängig schönpickelte oder die Wiesen zwischen den Bäumen von Fallholz und vor allem von dominant wachsenden Adlerfarnen befreite. Das Ganze lief unter dem Titel «Biodiversität» (mit schönen Schmetterlingen und so), aber es hiess, man wolle auch der einheimischen Bevölkerung unter die Arme greifen.
Das ist zwar nicht immer einfach, denn erfahrungsgemäss wären diese Leute am liebsten einfach vom Staat subventioniert und von Philanthropen beschenkt. Deren Mittel könnten sie dann für alles das einsetzen, was sich «seit Jahrhunderten bewährt» habe. Für ihre Schuldenwirtschaft also.
Das Projekt, an dem ich teilgenommen habe, hatte dem Vernehmen nach immerhin den Segen der Einheimischen. Ob ich damit etwas Nachhaltiges (mit)bewirkt habe, steht auf einem anderen Blatt. Ich tröste mich jedoch mit dem Gedanken, auch die kollektive Sterbehilfe müsse möglichst human vonstatten gehen, nicht nur die individuelle.
Die Projektleitung behauptete, wer die Natur sich selber überlasse, handle eben gerade nicht im Sinn der nachhaltigen Entwicklung. Seit es Menschen gebe, sei auch die Natur automatisch Kultur und verlange daher nach kluger Pflege. Mit anderen Worten: Einen lupenreinen Urwald findet man nirgends. Sogar im Amazonasgebiet lägen wie in Chiapas oder in Guatemala noch Hunderte von Hochkulturstädten begraben, an die man sich heute kaum mehr erinnere. Dem Herrn Bolsonaro würde ich das allerdings nicht allzu laut in die Ohren flüstern.
Vielleicht sollte man auch den Pazifischen Ozean nicht mehr sich selber überlassen. (Das dann aber bitte nicht den Plastikproduzenten sagen.)
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