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Einwurf 205: Sportjournalismus im Qualitätstest


Leider sind Sportreportagen meistens überdurchschnittlich dumm, aggressiv und nationalistisch, nicht nur, aber vor allem bei den Schweizer Sendern SRF. Bereits legendär sind hier der spürbar abgebaute Bernard Thurnheer vor seiner Pensionierung und der ewig unverbesserliche Sascha Ruefer. Inzwischen hat sich auch noch eine Frau in diesem «Exklusivclub» breitgemacht (Michèle Schönbächler). Aber die grösste Katastrophe ist Bernhard Schär am Radio, und über den ehemaligen SRG-Angestellten und heutigen Ueli Maurer-Spezi Peter Minder informiert man sich vorzugsweise (und vorzüglich) auf «Inside Paradeplatz».

An den «SRF-Sport» gerichtete Kritik prallt wie an einem eisernen Vorhang ab. Sie wird erst gar nicht behandelt, oder man verschanzt sich hinter läppischen Phrasen. Jede/r deckt jede/n, keine/r gibt etwas zu und vor allem bewegt man sich nicht. Die Kundenorientierung ist praktisch null, Zwangsgebühren hin oder her: Stalinismus mit Angebotsmonopol. (Schauen Sie sich mal das Wochenendprogramm von TV SRF 2 an.) Uns geht das Privatisierungsgeschwätz zwar eher auf die Nerven, aber beim Sportfernsehen ist der Handlungsbedarf so übermächtig wie sonst vielleicht nur noch in der Landwirtschaft.

Unabhängig davon: Es geht auch anders. Ein Beispiel: Zusammen mit zwei Kollegen kann Jean-Claude Leclercq integral die ganze Tour de France begleiten, und es ist während keiner einzigen Sekunde langweilig. Dafür braucht es aber natürlich schon die Fähigkeit, den Sport eben nicht nur engstirnig mit der Stoppuhr, dem «Santimeter» oder gar dem «einzig richtigen» Reisepass, sondern auch in allen seinen spannenden ökologischen, wirtschaftlichen, technischen und gesellschaftlichen Facetten fachkompetent zu kommentieren (Helikopterschnee, Credit Suisse und Uniqlo, Ausrüstungsmärkte, Trainer und Coaches, Immigration und Multikultiteams, Doping/Drogen etc.). Zwischendurch beschreiben Leclercq und Co. ja sogar noch absolut kenntnisreich und unterhaltsam zugleich die Landschaften und die Kulturdenkmäler, an welchen die Tour vorbeiführt. Denke ich dann an das endlos repetitive Ranglistengequassel von Hans Jucker selig, muss ich laut hinauslachen. (Der wäre neben Ex-Sportminister Ueli Maurer eigentlich der «einzig richtige» Nachfolger von Viktor Giacobbo gewesen.)

Nb: Auf Eurosport, wo Leclercq auftritt, ist schwachsinniger Nationalismus von vornherein fehl am Platz, und das ist wirklich sehr wohltuend.

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