Einwurf 667: «Westliche» Kriegsberichterstattung

Ukraine: Hier werden wir täglich mit der Behauptung zugedeckt, die Ukraine kämpfe für Demokratie, Rechtsstaat und Freiheit, nicht nur für sich selber, sondern auch für uns. Diese Behauptung ist kreuzfalsch. Im Demokratie-Index 2023 des (weder russischen noch chinesischen) «Economist» lag die Ukraine auf Rang 91. Damit gilt sie als Hybridregime («Demokratische Autokratie»), seit mehreren Jahren übrigens, und erst noch auf der Grundlage von Zahlen, die sich laufend verschlechtern. In ihrer unmittelbaren Tabellen-Nachbarschaft befinden Staaten wie Kenia oder Marokko. Beim Korruptions-Index von «Transparency International» (auch der ist weder russisch noch chinesisch) verhält es sich nicht besser: Rang 104! Sogar Kuba und Burkina Faso posieren hier deutlich vor der Ukraine.

Bei diesen Indices liegen die «lausigsten» EU-Mitglieder Bulgarien bzw. Ungarn auf den Rängen 62 bzw. 76 und volle 21 bzw. 15 aller 27 innerhalb der vordersten 40. (Auch die Positionen von Taiwan sind vergleichsweise gute 10 und 28, jene der wunderbaren USA aber nur 29 und 24, und auch Polen und die baltischen Staaten sind nicht gerade Glanzlichter. Israel steht bei 30 und 33, aber die Indices erfassen ja die Sauereien nicht, welche einzelne Staaten ausserhalb ihrer Landesgrenzen mitveranstalten.) Da sollen wir also die Ukraine unterstützen? Wir sind doch nicht blöd. Meine Empfehlung: Auch das Geld für die nutzlose Bürgenstock-Konferenz und die dickneblig-realitätsfernen «Wiederaufbauhilfen» muss in die humanitäre Hilfe für die Opfer des «brutalen Angriffskriegs» fliessen; dort macht es wenigstens Sinn. (Nb: Welcher Krieg ist nicht ein «brutaler Angriffskrieg»?)

Israel/Palästina: Hier werden wir täglich mit der Mitteilung zugedeckt, die Hamas habe am 7. Oktober 2023 einen «brutalen Terrorangriff» mit 1300 Toten durchgeführt. Ja, ja, ja, wir wissen es schon längst und wollen es eigentlich gar nicht mehr hören. Overkill macht bloss wütend und letztlich indifferent. Und wo ist die tägliche Mitteilung, die israelische Armee habe total unverhältnismässige, «brutale», einen Genozid zumindest streifende Racheakte mit bis dato mindestens 30'000 Toten begangen? Und die tägliche Mitteilung, dass bitte schön alles, was der rechtsextremen israelischen Regierung nicht in den Kram passt, anscheinend automatisch «antisemitisch» ist?

Den tatsächlich brutal operierenden Russen und Palästinensern wirft man subversiven, einseitigen und faktenfälschenden Propagandismus vor. Einverstanden. Die «westlichen» Medien dagegen machen alles richtig. Nicht einverstanden. Ausser man sei ein angelsächsischer Weltkriegsfanatiker und Sanktionsprofiteur, ein jüdischer Fascho-Rassist oder ein korrupter ukrainischer Oligarch mit seiner notorisch lamentierenden «Tagesbefehl-Theaterpuppe», also die Spitze der «westlichen Elite». Vielen Dank denn auch für die Hofberichterstattung über die Kriegsereignisse. Besonders die Rechtspopulisten freuen sich darüber, denn die schwemmt ihnen das Wahlvolk quasi kostenlos zu.

(Topaktuell: Die Rangliste der Pressefreiheit 2024 von «Reporter ohne Grenzen». Hier ist Israel eine Katastrophe (Rang 101), die USA an ihren Ansprüchen gemessen ebenfalls (Rang 55), dafür schneidet die Ukraine (Rang 61) weniger schlecht ab als vier EU-Mitglieder. Die übrigen EU-Staaten figurieren aber wieder mehrheitlich (17) unter den ersten 40. 13 von diesen 17 besetzen zusammen mit sieben anderen (darunter die vier EFTA-Staaten) sogar die obersten 20 Plätze. Das Baltikum ist hier klar besser als bei den anderen Indices, und immer noch recht gut ist auch Taiwan (Rang 27). Radio SRF meldete, China, Russland und der Iran seien «zu unterst», aber das stimmt so absolut natürlich auch wieder nicht. PS: Haben Sie auch schon gemerkt, dass die skandinavischen Länder in sämtlichen Ranglisten des menschlichen Fortschritts immer in den Top Ten sind? Kein Zweifel: Gott hockt im hohen Norden. Was ihm dort nach den beiden Anschlüssen an das Heilige Land von Elon Musk und Donald Trump jetzt einzig noch fehlt, ist ein finnischer König.)