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Einwurf 594: Geschichtsunterricht nach hinten


Schon wieder Geschichtsunterricht: Die Schullehrpläne kommen und gehen, aber wir warten immer noch darauf, dass man hier endlich von vorn nach hinten operiert statt umgekehrt. Also: Heute sind wir, wer wir sind, und warum sind wir so? Und wie sind die «anderen» zu denen geworden, die sie sind? Das ist spannend und nicht die längst verblichenen Sumerer und Olmeken.


Etwas handfester: Warum gibt es zum Beispiel den Staat Schweiz überhaupt und warum sind wir eben nicht einfach Franzosen, Deutsche oder Italiener? Was hat das mit Neutralität und Föderalismus zu tun? Woher kommt der zentraleuropäische Dezentralismus überhaupt? (Stichworte wären: «Goldene Bulle» oder «Religionsfrieden».) Und woher kommt diese im internationalen Kontext schon sehr spezielle direkte Demokratie (auch wenn sie von den Oligarchen, sprich Parteien, und ihren Parlamenten zusehends als Fassade missbraucht wird – siehe Abknallerei von Volksinitiativen)? Warum hatten wir Zwingli und Dürrenmatt? Gut, auch die haben sich in der Antike bedient, aber deswegen müssen sich unsere Gymnasiasten nicht mit Kleopatra herumschlagen.


Man kann das Thema auch sehr direkt anfassen, und dann hat man Geschichte pur: Wer nicht wie Nestlé, UBS, Novartis und Co. im globalen Wettbewerb mitzockt, ist selber schuld. Rechne! Aber mit solchen Sachen wollen sich die Lehrplanfritzen wohl erst gar nicht exponieren, sei es aus Absicht, sei es aus Dummheit.


Nb: Wir meinen immer, wir seien wahnsinnig wichtig und palavern jeden Tag von historischen Zeiten und Geschichtsbüchern. Echte «Zeitenwenden» gab es bisher aber bloss vier: Um die Jahre 0, 800, 1500 und 1800. Man kann sie auch an Augustus, Karl dem Grossen, Karl V. und Napoleon festnageln und dann an all dem, was rund um sie herum passierte: politisch, wirtschaftlich, kulturell. Der Rest ist Peanuts, sorry.

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